In der Oldenburger Jugendherberge fließen klassische Gemeinschaftsverpflegung und À-la-carte-Geschäft in einem gastronomischen Konzept zusammen.
Die Oldenburger Jugendherberge ist quasi nagelneu: Im Oktober vergangenen Jahres wurde sie eröffnet. In Bahnhofsnähe, 64 Zimmer mit ca. 200 Betten, alle mit eigenem Sanitärbereich, moderne Tagungs- und Seminarräume, eine Lounge, ein Food-Store und eine große Terrasse. Zwei Aspekte machen sie besonders: Zum einen ist sie ein Inklusionsbetrieb. Zum anderen ihr Gastrokonzept. Im Schirrmann‘s, dem hauseigenen Restaurant (benannt nach Richard Schirrmann, dem Gründer des Jugendherbergswerkes), werden Gemeinschaftsverpflegung und À-la-carte-Speisen zusammengebracht.
Stullen? Ja, auch!
Die Gerichte auf der Karte sind ein kulinarischer Mix mit Einflüssen aus Japan, Hawaii und aus der traditionellen deutschen Küche. Sie stehen für Weltoffenheit und für die internationale Klientel, die in der Herberge übernachtet. Es gibt verschiedene Ramen, eine abwechslungsreiche Auswahl an Poké Bowls und eine ganze Seite voller Stullen. „Das sind die drei Säulen, auf denen die Karte basiert“, sagt Karge. „Nur“ drei Gerichte, die aber dann in verschiedenen Varianten angeboten werden. Bei den Ramen sind das Schirrmann’s Ramen (BBQ-Bauch vom Bentheimer Schwein, mariniertes Ei, Bambus, Lauch, Nori, Miso-Sesam-Tare), Veganer Ramen mit Tofu, Lachzwiebel, Weißkohl, Shiitake, Kirschtomaten und Nori, Scharfer Ramen (BBQ-Bauch vom Bentheimer Schwein, mariniertes Ei, Sojabohnen, Spinat, Weißkohl, Soja-Gewürz-Tare) und Ramen de luxe (Garnelen, Honiglachs, mariniertes Ei, Lauch, Mais, Spinat, Sesam-Miso-Tare. Entsprechende Varianten werden von der Poké Bowl serviert. Und von den Stullen gibt es sechs Alternativen. Die Preisrange liegt hier zwischen 4 und 9 Euro, die Bowls kosten zischen 7 und 10 Euro, der teuerste Ramen (de luxe) 16 Euro. Das Fleisch für die Gerichte kommt von der Firma Kalieber aus Lastrup; produziert von heimischen Landwirten in artgerechter Haltung. Milch kommt vom Oldenburger Diers-Hof, Brot liefert die Oldenburger Bäckerei Müller & Egger, die hochwertige, regionale Rohstoffe verwendet und sie von Hand verarbeitet.
Parallel dazu gibt es für die Gemeinschaftsverpflegung eine zweiteilige Wochenkarte mit je einem fleischhaltigen und einem vegetarischen Gericht vom Büfett.
Unter dem Motto „Schirrmann’s unterwegs“ gibt es rund um die Uhr
Take-Away-Angebote. Von 7 bis 10 Uhr (sonntags bis 12 Uhr) gibt es Frühstück am Büfett. Von 12 bis 14 Uhr (Teil eins der Wochenkarte) und von 17.30 bis 19 Uhr (Teil zwei der Wochenkarte; andere Gerichte als zur Mittagszeit) Tagesgerichte vom klassischen Gemeinschaftbüfett, parallel dazu (12 bis 22 Uhr) „Schirrmann’s Klassiker“ von der erwähnten Karte bzw. von der Abendkarte.
Vorbild Amsterdam
Karge ist eigentlich Koordinator Speisen und Getränke beim Landesverband Unterweser-Ems des Deutschen Jugendherbergswerkes. Dort hatte man beschlossen, die Verpflegung in den Jugendherbergen zu modernisieren. Und, da Karge gelernter Koch ist, ihn mit der Aufgabe zu betrauen, für den Standort Oldenburg ein kulinarisches Konzept zu entwickeln und zu etablieren, das Team zu coachen. Wenn dieses Konzept Erfolg hat, soll es in weiteren Jugendherbergen eingeführt werden. „Wir sind für ein Food-Watch nach Amsterdam gefahren. Denn die Niederlande ist kulinarisch das Tor zur Welt. Wenn man wissen will, welche internationalen Speisen gerade ,in‘ sind, muss man nach Amsterdam“, erzählt Karge. Doch er wendet auch ein, dass „wir noch in der Findungsphase sind“. Mit den Ramen und den Poké Bowls habe man zwei Speisen auf die Karte gebracht, die zwar in Berlin und Hamburg gern bestellt werden, aber für Oldenburg (noch) etwas gewagt seien. Gegebenenfalls müsse man die Karte überarbeiten. Doch auch dann werden es weiter drei Gerichte in Varianten sein. Dass es Pizza sein wird, schließt Karge aus: „Wenn man Pizza essen gehen will, geht man woanders hin. Wenn man hierher essen kommt, dann deshalb, weil es hier Gerichte gibt, die nicht überall angeboten werden. Frisch und außergewöhnlich.“
Gemeinschaftlich essen und arbeiten
Angesprochen vom Speiseangebot werden sollen nicht nur Übernachtungsgäste, sondern auch Gäste von „außerhalb“ der Herberge, beispielsweise aus den umliegenden Büros. Auch das Büfett kann übrigens von externen Gästen genutzt werden. Ob Reisegruppe, Schulklassen oder externe Gäste – es essen alle im Schirrmann’s, einem großzügigen, hell, modern und einladend gestalteten Raum mit zwei Tisch- und Bestuhlungsvarianten und gemütlichen Loungemöbeln, getreu dem Herbergsmotto: „Gemeinschaft erleben“. Das ist auch im Sinne der Vision von Hausleiter Markus
Acquistapace, der die Jugendherberge zu einem Ort der Begegnung zwischen Touristen und Einheimischen machen will, an dem Gemeinschaft gelebt wird – ob beim gemeinsamen Essen im Food-Bereich oder beim bunten Abendprogramm, wenn die Jugendherberge als Veranstaltungsort Konzerte oder Theateraufführungen anbietet.
Die Jugendherberge Oldenburg ist ein Inklusionsbetrieb: Von den insgesamt 40 Arbeitsstellen ist die Hälfte mit Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung besetzt. Auch hier heißt das Motto „Gemeinschaft erleben“, unter dem Menschen mit Beeinträchtigung mit anderen Menschen gemeinsam arbeiten. „Wir möchten Räume schaffen, in denen Menschen mit Beeinträchtigungen ihre individuellen Fähigkeiten in die Arbeitswelt einbringen können“, sagt Karge. Manche der Mitarbeiter haben eine Lernbehinderung, andere eine körperliche Einschränkung. Für das Küchenteam hat Karge Stärken und Schwächen der Teammitglieder mit Beeinträchtigung analysiert. Wer bringt welche Fähigkeit mit? Wer kann was in welcher Zeit schaffen? Wem kann man welche Arbeit zumuten? „Ich versuche, mit den Leuten vor Ort Dinge zu erarbeiten bzw. auch ihre Erfahrungen, die sie mitbringen, einfließen zu lassen“, erklärt Karge. Die Aufgaben der Teammitglieder sind, natürlich, an ihre Fähigkeiten angepasst. Vieles funktioniert über learning by doing, über Routine. Die Dienste sind so gelegt, dass bei Hochzeiten in der Küche immer Unterstützung da ist, manchmal überschneiden sich Dienstzeiten deswegen. „Manchmal muss man eben ein wenig Geduld haben und auch manchmal für den anderen ein wenig mitdenken. Aber eins ist klar: Die Kollegen mit Behinderung sind äußerst motiviert!“
Fotos: Tobias Frick