Einfache Frage, komplexe Antworten: Wie geht es den Schul-Caterern nach Monaten geschlossener Schulen, Wechselunterricht und nun endlich langsamer Rückkehr in die Normalität? Wir haben uns umgehört.
Mike Kühnl, Küchenchef Schulverpflegung, Geschmackslabor, Bremen
„Im ersten Quartal hatten wir 100 Prozent weniger Umsatz, im zweiten Quartal rechnen wir derzeit mit ca. 80 Prozent weniger Umsatz in der Schulverpflegung. Im dritten und vierten Quartal hoffen wir wieder auf Normalität. Erst jetzt dürfen Schulen wieder Essen anbieten, dies entscheidet aber jede Schule für sich individuell. Solange eine Testpflicht besteht, werden höhere Hygieneanforderungen auch langfristig für höhere Kosten sorgen. Es sollte aber nicht immer alles über den Preis geregelt werden. Zum Glück gibt es auch heute schon einige Schulen, bei denen es um Qualität geht und nicht darum, das günstigste Angebot abzugeben. Schulverpflegung sollte vom Staat subventioniert werden, dann könnte auch deutlich hochwertiger gekocht werden. Ich wünsche mir ein Ende der Coronazeit, Subventionen und mehr Qualitätsbewusstsein.“
Carola Petrone, Geschäftsleiterin Il Cielo Bio-Catering, Weßling
„Die Situation hat sich seit November leider gar nicht entwickelt. Es war im Halbbetrieb schwer, überhaupt Essen zu haben, geschweige denn rentabel zu arbeiten. Wir verlieren die Hälfte unseres Umsatzes, selbst wenn ab September wieder alles normal läuft. Wir haben den Bereich Lunchboxen und To-go-Angebote erweitert, diese Produkte werden mäßig bis gut angenommen. Wir haben erfahren, dass Schulverpflegung nicht überall einen hohen Stellenwert hat. Bei Schulen, denen die Verpflegung wichtig ist, wurde schnell versucht, eine gute Lösung zu finden, andere hingegen haben sich gar nicht gekümmert.
Alles in allem sehe ich einen Rückschritt um mindestens zehn Jahre. Ich fürchte, dass wir in Strukturen, in denen die Schulverpflegung während der Pandemie nicht funktioniert hat, von vorne anfangen müssen. Die fehlende Verpflegung hat dazu geführt, dass die Kinder andere Wege zur Verpflegung finden mussten und gefunden haben – sie zurück in die Mensa zu holen, ist eine Aufgabe.
Für mein Unternehmen wünsche ich mir, wieder planungssicher arbeiten zu können. Das Hin und Her geht doch sehr an die Substanz. Im Allgemeinen hoffe ich, dass die Notwendigkeit von gutem Schulessen wieder mehr in den Fokus kommt und auch dieser Bereich ein Must-have wird und nicht ein Nice-to-have bleibt.“
Klaus Richter, Geschäftsführer Rebional GmbH, Herdecke
„Nach dem kompletten Lockdown und den damit verbundenen massiven Verlusten erholt sich unser Geschäft langsam wieder. Wir haben mit Notgruppen-Versorgung wieder gestartet und sind inzwischen zum Teil wieder auf Essenszahlen, wie sie vor der Coronazeit waren. Manche Schulen haben aber trotz Vollbetrieb die Mensen noch nicht wieder geöffnet. Im Schul-Catering verzeichnen wir bisher circa 75 Prozent Umsatzeinbrüche, das können wir bis zum Jahresende auch nicht wieder aufholen. Dennoch mussten wir aufgrund toller Teamarbeit und mithilfe der Kurzarbeit niemanden coronabedingt entlassen.
Wir haben das Glück, dass wir in verschiedenen Geschäftsfeldern der Gemeinschaftsverpflegung tätig sind, also auch in Kitas, Krankenhäusern, Seniorenheimen, Reha-Kliniken und Betrieben. Dadurch konnten wir die Verluste in Grenzen halten, hatten aber auch die Herausforderung zu stemmen, fast keine staatliche Förderung zu erhalten. Hinzu kommen viele Hygieneregeln, die es für uns Dienstleister zu beachten gilt. Dabei wird manchmal vergessen, dass der damit verbundene Aufwand auch meistens mit Mehrkosten zu tun hat. Mehr bezahlen möchte man aber häufig nicht.
Wir stellen fest, dass der Wunsch nach Nachhaltigkeit bei Eltern, Kindern und Kunden immer größer wird. Regionalität und Bio werden erwartet. Da unser gesamtes Unternehmen auf Nachhaltigkeit aufgebaut ist, sehen wir der Zukunft mit Freude entgegen. Wir werden auch wieder mehr in Schulen vor Ort kochen. Frische Küche mit regionalen Produkten sind bei unseren neuesten Projekten voll im Trend.
Ich würde mich freuen, wenn Schul-Catering in der öffentlichen Meinung auch als systemrelevant angesehen würde. Die Versorgung in den Schulen ist ein wichtiger Bestandteil in der ganztägigen Betreuung unserer Kinder. Dies wird aus meiner Sicht noch viel zu wenig wahrgenommen – es fehlt schlichtweg die Lobby. Besseres Ansehen heißt vernünftigerer Preis, heißt bessere Qualität.“
Schul-Catering macht beim TK-Spezialisten Frosta Foodservice einen Anteil von ca. 30 Prozent des Gesamtgeschäftes aus. Marketingleiter Benjamin Krapp berichtet, wie sich Lockdown und Schulschließungen auf Angebot und Umsatz ausgewirkt haben.
„Natürlich gab es durch die weitgehenden Schließungen der Schulen starke Umsatzeinbrüche im Schul-Catering. Was wiederum einen immensen negativen Einfluss auch auf unser Geschäft hatte und hat, da auch das unsere Zielgruppe ist. Überschlagen dürften die Umsatzverluste im Schul-Catering in der Hochzeit der Pandemie bei 85 Prozent gelegen haben.
Inzwischen gibt es nun eine positive Entwicklung: Glücklicherweise öffnen die Schulen ja nach und nach wieder, und nach den Sommerferien sollte (Präsenz-)Unterricht wieder kontinuierlich stattfinden können. Insofern erwarten wir eine Normalisierung der Lage bis Jahresende. Wir haben den Lockdown dazu genutzt, uns genau hierauf vorzubereiten, indem wir ,intelligente‘ Produkte für das Schul-Catering entwickelt haben und vorhalten. Auch vor der Pandemie hatten wir schon für Schulen und Kitas besonders geeignete Produkte im Sortiment, die einen starken Fokus auf Bio und Vegetarisch/Vegan hatten, wie unsere Fisch-vom-Feld- sowie unsere Chicken-vom-Feld-Range. Dieses Sortiment haben wir weiterentwickelt. Ebenso haben wir nun auch kleinere Portionen bewährter Produkte, beispielsweise Alaska-Seelachs, im Angebot. Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass das Thema High-Convenience wegen einer schlechteren Personalausstattung der Caterer nach der Pandemie gefragter sein wird denn je.
In der Zukunft wird im Schul-Catering noch mehr Vegetarisches und Veganes gefragt sein. High-Convenience und Nachhaltigkeit werden bei allen Produkten eine immer größere Rolle spielen. Außerdem werden natürlich nicht nur die Lieferanten der Kita-/Schulverpflegung digitaler, sondern auch die Kitas/Schulen/Caterer selbst, indem sie ihre Bedarfsplanung und Bestellprozesse noch weiter digitalisieren, Menüs online verfügbar machen etc.
Auch für Frosta Foodservice war es ein Learning, die digitalen Kanäle auf- und auszubauen, sodass wir seit der Pandemie beispielsweise Newsletter elektronisch verschicken, Instagram nutzen und unter frostafoodservice.shop einen Webshop implementiert haben.“
Fotos: Shutterstock, Geschmackslabor, Il Cielo, Rebional, Frosta