Im Spannungsfeld zwischen Kostendruck und Qualitätsanspruch befindet sich das Schul-Catering schon immer. Und wenn dann noch ein Shutdown dazu- kommt – wie geht man damit um? Wir haben uns umgehört. Ein Stimmungsbild vor dem Corona-Hintergrund.
Stefan Lehmann, Lehmanns Gastronomie, Bonn, www.lehmanns-gastronomie.de
Krise & Management
Durch die Corona-Krise sind uns kurzfristig rund 95 Prozent unseres Geschäfts weggebrochen. Von unseren 220 Mitarbeitern mussten wir einen Großteil in Kurzarbeit schicken, nur so konnten wir überleben. Statt über 10.000 Essen sind wir in der ersten Shutdown-Woche auf 350 runter- gegangen. Wir haben das Geschäft fortgeführt und Einrichtungen mit Notbetreuung versorgt – teilweise auch Einrichtungen des Wettbewerbs. Manchmal waren es nur zwei bis drei Essen pro Schule statt sonst das Hundertfache. Für uns ging es „back to the roots“: Mein Vater hat wieder selbst gekocht – zusammen mit unseren Auszubildenden. Wirtschaftlich ist das herausfordernd, das ist praktisch kostenneutral, da bleibt nichts übrig. Wir haben hier aber eine große Verantwortung, zumal wir mittlerweile der größte Schul-Caterer der Region sind.
Finanzieller Schaden & Hilfe
Der bisherige wirtschaftliche Schaden beträgt rund
500.000 Euro. Staatliche Hilfen haben wir nicht in Anspruch genommen, weil wir mit unserer Unternehmensgröße nicht in das erste Hilfspaket passen. Was uns in dieser Situation rettet: Wir haben in 15 Unternehmensjahren immer gut gewirtschaftet und Rücklagen bilden können. So kommen wir aktuell ohne Fremdkapital aus. Sollte es zu einem zweiten Shutdown kommen, werden wir wohl fremde Hilfe brauchen.
Learnings & Anpassungen
Wir haben erkannt, dass wir Alternativen schaffen müssen. Andere Märkte erschließen: Zurzeit macht Betriebs- und Seniorenverpflegung nur fünf Prozent unseres Geschäfts aus, das werden wir in den kommenden Jahren ausbauen. Was die Schulen betrifft: Hier denken wir über mehr Einzelportionen nach. Warmes und kaltes, in Bio-Einweg verpacktes Essen, mit dem wir direkt die Klassenräume versorgen können, wie wir es in den vergangenen Wochen gemacht haben. Das kostet Geld und braucht individuelle Lösungen je Schule, aber wer sollte das stemmen, wenn nicht wir?
Klaus Richter, Rebional, Herdecke, www.rebional.de
Krise & Management
Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen: Am Standort Herdecke ging es von 6.500 auf 400 Essen runter, jetzt – weil die Kitas wieder geöffnet sind – haben wir rund
4.000 Essen am Tag. In Hamburg hatten wir so gut wie gar keinen Umsatz, von 6.000 auf 120 Essen am Tag in der Notbetreuung in den Schulen. Jetzt sind wir dort bei unter 1.000 Essen. Von 178 Mitarbeitern sind 125 in Kurzarbeit. Wir halten den Draht zu allen, indem ich jede Woche selbst Briefings mache und persönliche Gespräche führe – das ist mir sehr wichtig. Der tolle Zusammenhalt unseres Teams ist der positive Schlüssel für unser Unternehmen. Erst waren wir hilflos, dann haben wir die Herausforderung angenommen.
Finanzieller Schaden & Hilfe
Wir rechnen mit Verlusten von 500.000 Euro bis Ende des Jahres. Zum Glück sind wir liquide, trotz zuletzt hoher Investitionen in unsere Küche in Herdecke. Ein Darlehen ergibt für uns keinen Sinn, und die neue Überbrückungshilfe greift bei uns nicht, weil wir keinen Umsatzverlust von 70 Prozent in der entsprechenden Zeit hatten, sondern „nur“ rund 50 Prozent. Es ist, wie es ist – wir werden überleben! Einen Kunden haben wir aufgrund mangelnder Flexibilität, wie dieser uns mitteilte, verloren. Wir befinden uns bereits in der Akquise neuer Kunden.
Learnings & Anpassungen
Wir haben in der Krise in Herdecke begonnen, „Homeoffice-Catering“ für Privathaushalte anzubieten, das behalten wir im Blick. Und Corona hat unsere Sinne noch mehr geschärft: Nachhaltigkeit steht bei uns schon immer im Fokus und wir gehen fest davon aus, dass sie noch wichtiger wird. Von der Tieraufzucht bis zum Umgang mit Mitarbeitern. Wir arbeiten jetzt ganz neu mit einem Bio-Landwirt bei Bensheim zusammen, der für uns in Fruchtfolge seinen Acker mit dem bestellt, was wir benötigen. Das könnte im Prinzip jeder Caterer tun.
Melanie Ebner, Ebners Catering, Wenzenbach bei Regensburg, www.ebner-catering.de
Krise & Management
Wir befinden uns noch mitten im Krisenmodus, weil die Schulen bei uns immer noch kein Essen anbieten – und wir stehen kurz vor den Ferien. Die Kindergärten versorgen wir zum Teil wieder. Normalerweise kochen wir 700 Essen am Tag, zurzeit rund 250. Wir sind sonst zu sechst in der Küche, momentan machen mein Mann und ich das alleine, die Mitarbeiter sind weiter in Kurzarbeit.
Finanzieller Schaden & Hilfe
Der Schaden durch Umsatzverlust beträgt rund 30.000 Euro bis jetzt – bereits abgesagte Großaufträge im Herbst nicht eingerechnet. Die Betriebsschließungsversicherung, die wir abgeschlossen haben, greift in diesem Fall nicht. Man hat uns einen kleinen Pauschalbetrag angeboten, dann wäre die Versicherung aber aus der Haftung raus – wir warten ab, was die angekündigten Sammelklagen des Dehoga gegen die Versicherungen bringen. Wir müssen da jetzt einfach durch und das werden wir auch schaffen. Wir blicken positiv in den Sommer.
Learnings & Anpassungen
Wir bauen ein breiter gefächertes Sortiment auf. Wir haben im Shutdown angefangen, Suppen und Chutneys herzustellen – zum Beispiel Tomaten-Apfel-Chili-Suppe und Heidelbeer-Chutney. Demnächst kommen ein Grünkohlpesto, Hummus und weitere Produkte dazu. Unter der Marke „Ebners“ verkaufen wir die Produkte bereits in einigen Bio-Läden und in Kürze auch in unserem Onlineshop. Wir suchen noch weitere Abnehmer. Und das Thema Bio – wir selbst arbeiten eng mit Bioland zusammen – wird noch wichtiger. Das sehen wir an dem enormen Zulauf, den biologisch arbeitende Selbstvermarkter in der Krise bekommen haben.
Foto: Rebional