In Düsseldorf gibt es seit ein paar Monaten einen kontaktlosen, automatisierten Supermarkt, der rund um die Uhr geöffnet hat. Was Catering-Urgestein Georg Broich damit zu tun hat? Er hat es Cooking + Catering inside erklärt.
Ein Supermarkt, der rund um die Uhr aufhat, einer, der einem mittels Robotik die einzelnen Produkte, die man braucht, zusammensucht, so dass man nicht selbst durch die Gänge flitzen muss: In den USA sind MicroMarkets spätestens seit Amazon go etabliert. In Japan oder Korea ergänzen solche Läden schon seit vielen Jahren den stationären Handel. MicroMarktes bieten ein eher kleines Warensortiment an, und die von Warenauswahl bis zum Checkout vollkommen ohne Personal läuft. Das wäre auch überflüssig; wer dort einkauft, braucht keine Beratung, sondern will den Einkauf möglichst schnell und effizient abwickeln. Bezahlt wird ebenfalls automatisiert.
Ein solcher Laden ist auch der Typy-Markt im Düsseldorfer Medienhafen, einer der ersten hierzulande, denn Deutschland ist, was neue Formen des Einkaufens angeht, ein Entwicklungsland. Die Betreiber von Typy wollen das mittelfristig ändern und der Verbreitung von autonomen Supermärkten auf die Sprünge helfen. Die Betreiber, das sind Carlo Caldi, Maximilian Grönemeyer und Moritz Schumacher von der Campo Group. Und Georg Broich, Broich Catering & Locations.
Das Sortiment des 24/7-Marktes setzt sich aus klassischen Einzelhandels-Produkten, frischer und regionaler Ware sowie aus Fresh Food zusammen. Salate, Smoothies, Bowls, Sandwiches und Müslis liefert Georg Broich mit seiner Mannschaft. Der Typy-Store ist Teil der Diversifizierungsstrategie von Broich. Die Broich-Gruppe hat zwölf Unternehmen, die 2019/20 ca. 36 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet haben. Der Anteil von Broich Catering lag bei 25 Mio. Broichs Plan ist, 2025 55 Mio. umzusetzen. Ein Ziel, an dem er trotz Corona festhält. Und dafür müssen neue Konzepte, neue Geschäftsfelder her. Der Typy-Store ist ein solches. Eng daran gebunden: Die Broich-Manufaktur, aus der auch das Fresh Food für Typy kommt.
Die gibt es schon länger, aber auf die Mitarbeiter dort warten nun neue Aufgaben. Zum einen soll es nicht bei Salaten, Smoothies und Sandwiches für den Typy-Store bleiben, sondern es sollen zeitnah „hochwertige Convenienve-Produkte auf Restaurantniveau“ hinzukommen. „Und wir werden auch Food für andere Unternehmen produzieren.“ Anfragen dafür sind längst da; Restaurants haben laut Broich Interesse an einer Belieferung ebenso bekundet wie Kollegen aus dem Catering. Doch dieses Unterfangen ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint.
Food nach Standard
„Das große Thema ist die Standardisierung“, so Georg Broich. „Die Produkte haben einen Produktpass. Da steht detailliert drauf, was drin ist. Und auch nur das darf drin sein. Ohne Abweichungen. Das ist anders als im Event-Bereich, wo der Koch auch mal sagen kann: Das gefällt mir nicht: Ich mache alles ein bisschen größer und ein wenig schärfer. Genauso geht es hier nicht! Das ist ein elementarer Unterschied.“
Dabei hat man bei Broich mit einer Standardisierung Erfahrung. „Schon 2019 haben wir 95 Prozent unseres Umsatzes mit standardisierten Food-Konzepten gemacht. Ich habe 2012 gesagt: Ich möchte der erste System-Event-Caterer Europas werden. Das bin ich auch geworden. Wir sind zu 95 Prozent systemisch organisiert“, erklärt Broich. Das sei ein langer Prozess gewesen, und während dessen habe man einige Mitarbeiter verloren, insbesondere in der Küche. Mitarbeiter, die kreativ und nicht stur nach Rezept kochen wollten. Vor vier Jahren hatte man laut Broich einen Grad der Standardisierung erreicht, der es zuließ, einen Teil der Produktion nach Bonn auszulagern. „Wir haben da einen Produktionsleiter, der dieses Thema extrem genau umsetzt. Das hat uns unglaublich geholfen bei der Gründung der Manufaktur. Denn dort müssen die Mitarbeiter noch genauer noch Rezepttreue und Abläufe achten.“
Hinzu kommen aber auch weitere Herausforderungen: Hygiene und Haltbarmachung. Noch vertreibt Broich die Produkte, die er produziert, unter dem Label Broich. Werden dann aber Restaurants und Kollegen mit Produkten beliefert, ist eine IFS-Food-Zertifizierung notwendig. Diesen Prozess durchläuft man gerade. „Wir entwickeln uns mittelfristig von einer Manufaktur zu einem Produktionsbetrieb“, so Broich: Sehr hohe Hygienestandards, noch höher als bereits jetzt schon, Produktion in gekühlten Räumen bei
12 bis 14 °C.
Steile Lernkurve
Die Haltbarkeit, ebenfalls ein elementares Thema. Dressings, Soßen, Menükompenenten, ganze Gerichte – was ist wie lange essbar? Welche Zutaten kann man unter diesem Aspekt kombinieren? „An Haltbarmachung und Haltbarkeit arbeiten wir schon seit mindestens einem halben Jahr“, so Broich, und zwar mit einem Hygieneinstitut. „Wir beobachten unsere Produkte im Labor, machen Testreihen: Was passiert nach einem Tag, was nach zwei, drei oder mehr Tagen? Wie entwickelt sich das Gesamtprodukt, wie die einzelnen Bestandteile, beispielsweise bei einem Wrap? Wie die Keimbelastung? Und wir hatten durchaus eine steile Lernkurve. Bei einer Bowl hatten wir eine Verkeimung, die nicht hätte sein dürfen. Der Grund war die Kombination von zwei Produkten, sie hat die Verkeimung ausgelöst. So etwas ist nicht lebensbedrohlich, darf aber trotzdem nicht sein.“ Bei einer anderen Testreihe gab es eine Kontamination. „Für uns nicht erklärbar, denn die Testreihe war eine Wiederholung, beim ersten Mal war alles zufriedenstellend. Wir kamen auf einen beigelegten Rosmarinzweig. Gleicher Händler, gleiche hohe Qualität wie in der ersten Testreihe. Konsequenz: Es gibt keine frische Dekoration, was schade ist, aber Lebensmittelsicherheit hat Priorität.“
Natürlich hat Broich Catering auch schon früher produziert. Die Speisen wurden aber bei einer Veranstaltung am gleichen oder am nächsten Tag verzehrt. Jetzt sind die Zeitfenster bis zum Verzehr ggf. länger; die Produkte müssen also verpackt werden, und schon brauchen sie zwingend ein MHD sowie eine Liste der Zutaten und Allergene.
Bei einem Typy-Store soll es nicht bleiben; Broich und seine Partner haben ambitionierte Ziele: „Wir planen in zehn Jahren 1.000 Stores in Deutschland. Jeder Store wird ein etwas anderes Sortiment haben. Genau auf die Community zugeschnitten, die rundum angesiedelt ist.“ Allein in Düsseldorf sollen bis Ende des ersten Halbjahres noch drei bis vier Stores hinzukommen. „Der blue print steht und funktioniert, jetzt ist es relativ einfach, weiterzumachen.“ So ein Store besteht letztlich aus Kühlcontainer, Trockenlager und natürlich der Robotik. Der Laden in Düsseldorf ist schlicht, aber modern gestaltet. Neben dem Eingang befindet sich ein Terminal, an dem ein von einer zugehörigen App generierter QR-Code eingescannt werden muss. Ein Bildschirm zeigt anschließend an, in welcher Station die Bestellung abgeholt werden kann. Ein Roboter im Hintergrund regelt den Rest. „Sollte jetzt der Eindruck entstehen, das ist mal eben zusammengebaut – nein, das ist schon ausgeklügelt und auch sehr wertig umgesetzt. Aber letztlich nun relativ schnell und einfach zu wiederholen“, sagt Broich.
Nur 120 bis 150 qm sind für einen Laden nötig. Broich: „Der einzige Mensch, der dort drin sitzt, ist der Logistiker, der morgens kommt, die frischen Produkte bringt, und diese vom System einlesen lässt. Dann gibt es natürlich immer jemanden, der schaut, ob alles sauber und der zur Stelle ist, sollte den Kunden dann doch mal etwas hinfallen.“
Expansion mit Partnern
In der Region von Münster bis Koblenz und von Aachen bis Dortmund werde Broich die Frischeprodukte in die Typy-Stores liefern, so der Plan. In Stuttgart, Berlin, Frankfurt, München soll es lokale Partner geben, mit denen man produziert, allerdings nach Broich-Rezepturen. Diese Partner werden immer Event-Caterer sein, denn „die sind es gewöhnt, sehr flexibel und auf sehr hohem Niveau zu arbeiten“.
Nicht nur die Ziele, die Broich für die Expansion der Typy-Stores hat, sind ambitioniert. Auch die Erwartungen. „Wir hätten uns nie träumen lassen, dass mal die Betriebsgastronomien und die Schulen schließen würden, dass es mal kein Catering mehr in den Stadien geben würde, vom Wegfall des Event-Catering will ich gar nicht sprechen“, so Broich. „Uns hat das gezeigt, dass wir unabhängiger vom Event-Catering werden müssen. Es wird immer unser Herzstück bleiben, von dort kommen wir. Aber seine Bedeutung am Gesamtumsatz der Unternehmensgruppe wird weniger.“ Aber, betont Broich, das ist natürlich eine individuelle Strategie. Dass die Zukunft im Vending liegt, ist keine allgemeingültige Strategie für einen (Event-)Caterer.