Das Business-Catering braucht neue Konzepte. Der Caterer We celebrate verspricht, mit seiner Onlinekantine ein solches zu besitzen.
Wenn ein Event-Caterer in der Corona-Pandemie mangels Events kaum noch Geschäft macht, was soll er dann machen? Eine Onlinekantine eröffnen!
Kantine online, wie soll das denn bitte gehen? Der Frankfurter Caterer We celebrate zeigt, wie das geht und hat damit nach eigenen Angaben mitten in der Corona-Pandemie so großen Erfolg, dass er mit dem neuen Geschäftsmodell bundesweit expandieren möchte. Und dabei geht die Idee noch nicht einmal auf Corona zurück! Aber der Reihe nach.
Es war im Sommer 2019, als Jan Dinter und Oliver Meiser, die beiden Gründer und Geschäftsführer von We celebrate, eine Idee hatten, wie sie ihr Angebot einer mobilen Kantine weiterentwickeln könnten. Mit ihren 14 Food-Trucks und dem rund 90-köpfigen Team bedienten Dinter und Meiser nicht nur klassische Events, sondern boten Unternehmen auch eine mobile Kantine an. Kunden wie die Deutsche Lufthansa, Union Investment oder Celanese mit einem Bedarf von 150 bis 550 Essen am Tag haben den Service während eines Umzuges gebucht, weil ihre stationäre Kantine gerade neu gebaut oder nach einem Wasserschaden saniert wurde. Selbst Catering-Gigant Sodexo hat zu Jahresbeginn 2020 auf das Angebot zurückgegriffen. Zusammen mit seinem Partner machte Dinter sich Gedanken, wie das Geschäft mit den Interimskantinen sich verstetigen lässt und höhere Qualität zu günstigeren Preisen bieten kann. Die Onlinekantine ist ihre Lösung.
Wachstumsbooster Homeoffice
Beschäftigte bestellen online am Vortag aus einem wechselnden Angebot von 20 Speisen aus aktuell drei Food-Welten. Die kalten Gerichte werden am nächsten Tag bis 12 Uhr in Mehrweggeschirr angeliefert, sind namentlich gekennzeichnet und können individuell erwärmt werden. Das gebrauchte Geschirr wird am Folgetag mitgenommen. Unternehmen bekommen einen zentralen Kühlschrank gestellt, in den die Speisen geliefert werden, und auf Wunsch auch Unterstützung bei der Auswahl einer Erhitzungsmöglichkeit. Alle Speisen kosten zwischen 7 und 10 Euro und können, wie in einer normalen Kantine oder bei Essensgutscheinen, vom Arbeitgeber bezuschusst werden. Das Unternehmen zahlt einen monatlichen Grundbetrag für die Logistik und das Mehrwegsystem, es gibt keinen Mindestumsatz, und die Mitarbiter entscheiden individuell, ob und wann sie bestellen und essen.
Seit November 2020 ist das neue Angebot unter der Marke Eurekantine.de am Markt und Dinter bislang sehr zufrieden mit der Nachfrage. „Wir haben Ende November zum ersten Mal ausgeliefert und hatten von Weihnachten bis Mitte Januar geschlossen. Aktuell haben wir 150 Essen täglich, das ist sicher noch nicht der Proof of Concept. Aber das Interesse von Unternehmen ist sehr groß, deshalb wollen wir nun bundesweit expandieren. Neben den bestehenden vierzehn Kunden – wie etwa die Kanzlei Vanguard oder die Investmentgruppe Digital + Partners – haben wir noch fünf aktive Testkunden und sechs weitere in der Pipeline. Bis Jahresende wollen wir 3.500 bis 4.000 Essen pro Woche ausliefern“, so Dinter. Mit der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mit 800 Beschäftigten und Kamerahersteller Leica in Wetzlar mit 600 Mitarbeitern sind zwei große Namen mit vielen Beschäftigten unter den kommenden Testkunden.
Die Corona-Pandemie mit ihrem Megatrend „Homeoffice“ ist für We celebrate dabei ein weiterer Wachstumsbooster. „Eine On-site-Kantine lohnt sich für Unternehmen mit weniger als 200 oder 300 Beschäftigten kaum und noch weniger, wenn diese vermehrt im Homeoffice sind. Selbst wenn nach Corona nur ein Tag pro Woche im Homeoffice gearbeitet wird, dann ist das für die stationäre Kantine und deren Betreiber eine Einbuße von 20 Prozent“, so Dinter. Die Pandemie habe deshalb die Zielgruppe für das neue Angebot erweitert. Diese will We celebrate künftig auch in Köln/Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg, Berlin und München bedienen. Dafür suchen Dinter und Meiser derzeit nach Partnern. Ob die Geschäfte dort noch im laufenden Jahr starten, ist allerdings noch nicht sicher. „Wir müssen jetzt schnell sein“, sagt Dinter, „die Branche liegt in Trümmern. Das bietet kleinen, jungen Unternehmen Chancen auf eine Positionierung, die es vor Corona noch nicht gab.“
Eigene Küche geplant
Allerdings hat We celebrate keinen Stress, Dinter sieht sich gar in einer „Luxussituation“, weil er im bestehenden Unternehmen ein neues Start-up aufbauen kann. Auch Corona hat nicht zu Existenzsorgen geführt, trotz eines 80-prozentigen Umsatzeinbruchs. Dinter lobt die Unterstützungspakete der Bundesregierung. „Ohne die Überbrückungshilfen I bis III wären wir zwar wohl nicht insolvent gewesen, hätten aber Mitarbeiter entlassen, Autos verkaufen und unsere Investoren nach frischem Geld fragen müssen. Die Überbrückungshilfen haben dafür gesorgt, dass wir unser Cash-burn-Rate so kontrollieren können, dass wir sofort wieder starten können, wenn das möglich ist.“
Derzeit, da das Event-Catering noch ruht, können Dinter und Meiser mit ihrem Team das Essen in der Unternehmenszentrale in Fechenheim zubereiten und mit den ansonsten ungenutzten Food Trucks ausliefern. Ab 1.500 Essen in der Woche wird das Geschäft aber in eine eigene Küche ausgelagert werden müssen, zumal ja auch damit zu rechnen ist, dass das Eventgeschäft zurückkehrt, wenn die Pandemie wieder abflaut. Bundesweite Kunden sollen nicht aus Frankfurt beliefert werden, über einen 50-Kilometer-Radius hinaus sei das nicht effizient machbar, erklärt Dinter. Die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern sei zwar grundsätzlich vorstellbar, aber die unwahrscheinlichste Lösung. Eher kommt ein bundesweiter Caterer als Partner infrage, aber die bevorzugte Lösung ist die eigene Produktion. Dann müssen keine Wertschöpfungsteile an Partner abgegeben werden und We celebrate behält volle Kontrolle über die Qualität der Speisen und Dienstleistungen.
Partnerschaften finden
Die ganz großen Caterer wiederum sieht Dinter weder als Partner, noch fürchtet er deren Konkurrenz für das neue Geschäft: „Das sind noch keine Essensmengen, die für die interessant sind.“ Und um selbst so etwas zu starten, brauche es halt auch eine gehörige Portion Unternehmergeist, große Organisationen sind da nicht so flexibel, kleine hingegen schon, so etwa Smunch aus Berlin. Das Unternehmen bietet dort und in Hamburg sowie München ebenfalls die Onlinekantine als Service an, mit ähnlicher Abwicklung wie We celebrate. Einen großen Unterschied gibt es aber: Smunch arbeitet mit wechselnden Restaurants zusammen, wo die Gerichte gekocht werden. Dieses Modell hat sicher Vorteile, weil es sich schneller skalieren lässt als das von We celebrate, wofür erst Produktionsstätten aufbauen oder zuverlässige Partner gefunden werden mussten. Smunch hat dafür den Nachteil, dass die Logistik mit den täglich wechselnden Partnern, dem Transport und der Kommissionierung der warmen Gerichte aufwändig ist und viele Fehlerquellen bietet. Beide Modelle aber bieten im Unterschied zu festen Kantinen Kosteneinsparungen für das Unternehmen und im Unterschied zur individuellen Nutzung von Lieferdiensten eben den Vorteil der höheren Qualität und besseren Frische. Und sie ermöglichen, wie bei der herkömmlichen Kantine, die Bezuschussung des Essens durch Arbeitgeber, was steuerliche Vorteile bringt.
Und Dinter denkt auch schon über die Belieferung der Bürostandorte seiner Kunden hinaus an die Beschäftigten im Homeoffice: „Direkt zu den einzelnen Beschäftigten zu liefern, das lohnt sich nicht. Aber Zwischenlösungen sind denkbar, etwa wenn 10 oder 15 Mitarbeiter in einem Ort wohnen, dann kann für die eine mobile Essensausgabe organisiert werden, wo sie ihre kalten Gerichte genauso abholen können wie wenn wir diese an den Bürostandort liefern würden.“