Die Berufe Koch/Köchin und Hotelfachmann/-frau landen im Ausbildungsreport 2019 des DGB in der Kategorie der am schlechtesten bewerteten Ausbildungsberufe. Wie kommt dies und was können wir tun, damit sich das mittelfristig ändert? Antworten auf diese Fragen liefert Berater Götz Braake.
Die Gründe, warum diese Ausbildungsberufe einen so schlechten Ruf haben, sind vielschichtig und treffen bei Weitem nicht auf die gesamte Branche zu, aber leider hört die öffentliche Betrachtung an dieser Stelle auf. Ich weiß aus eigener Erfahrung in mehreren Hundert Betrieben, dass es tatsächlich beratungsresistente Holzköpfe gibt, aber diese nur einen Bruchteil ausmachen. Die deutliche Mehrheit der Arbeitgeber geht sorgsam und interessiert mit ihren Auszubildenden um, weil sie genau wissen, dass dieser Nachwuchs die Existenz des eigenen Betriebes sichert. Nur leider redet darüber niemand.
Der Unternehmer, der so handelt, glaubt, dass dies völlig normal sei und deshalb keiner besonderen Würdigung bedarf. Das ist aber ein Irrglaube, weil so den negativen Beispielen eine Reichweite gegeben wird, die sie nicht verdienen. In Zeiten einer viralen medialen Verbreitung von Nachrichten überlassen wir den Berichten über die „schwarzen Schafe“ das Feld, ducken uns weg und sind am Ende überrascht, dass wir keine Auszubildenden mehr finden.
Wir sind die Verantwortlichen für die Arbeitsatmosphäre in unseren Betrieben. Wer kennt ihn nicht, den Spruch: „If you can’t stand the heat, don’t work in the kitchen.“ Das ist also die ultimative Entschuldigung für spätpubertäres, sexistisches Rumgeblödel im Umgang mit den anderen Geschlechtern? Auch der latente Rassismus bei der Ansprache von Mitarbeitern, deren Deutschkenntnisse noch nicht zu einhundert Prozent ausgeprägt sind, führt dazu, dass die Stimmung im Betrieb nicht gerade einladend ist.
ÜBERSTUNDEN SIND UNNÖTIG
Genauso ist die Aussage, dass die Gäste Vorrang haben und deshalb Überstunden gekloppt werden müssen völlig daneben. Hier werden die Gäste als Entschuldigung für die eigene schlechte Planung hergenommen. Kein Wunder also, dass mehr als ein Drittel der befragten Auszubildenden im Ausbildungsreport des DGB angibt, regelmäßig Überstunden leisten zu müssen. Arbeitgeber haben an dieser Stelle eine Fürsorgepflicht, nicht nur gegenüber den betroffenen Auszubildenden, sondern auch gegenüber der Branche, die an einem neuen positiven Image feilt.
Für die Generation Y (gesprochen Why?) steht der Sinn der Aufgabe im Vordergrund. Also muss ich in meiner Kommunikation auf dieses Bedürfnis eingehen und beim Delegieren darauf achten, dass das Ziel klar und die Rahmenbedingungen genau definiert sind. Es reicht nicht mehr, eine Anweisung zu geben, da dadurch engagierte Mitarbeiter dauerhaft demotiviert werden.
CATERER MÜSSEN SICH
COACHEN LASSEN
Das sind nur einige wenige Beispiele, die zu den schlechten Umfrage-
ergebnissen beigetragen haben. Aber was können Führungskräfte im Catering-Sektor konkret tun, um hier einen Verbesserungsprozess in Gang zu setzen? Sie könnten sich hinsichtlich der neuen Herausforderungen schulen und coachen lassen. Die Qualifizierung Ihrer leitenden Mitarbeiter muss über die rein fachliche Ebene hinausgehen und die Soft-Faktoren miteinbeziehen. Die neue Führungskraft ist ein interner Dienstleister, der seine Mitarbeiter unterstützt und fördert. Ein Coach, der über eine Selbstkompetenz verfügt.
Selbstkompetenz setzt sich aus sozialer Intelligenz, d. h. kommunikativen Fähigkeiten verbunden mit Empathie und Selbstreflektion, aus integrativer Kompetenz, d. h. der Fähigkeit, schlagkräftige Teams zu formieren und zu entwickeln, und einer Prozess- und Methodenkompetenz zur Gestaltung der Veränderungen im Unternehmen zusammen.
Beginnen Sie mit dem Herausarbeiten der Werte, die Sie in Ihrem Unternehmen leben möchten. Aus diesen Werten leiten sich alle anderen Prozesse ab und Sie werden gemeinsam mit dem Team ein übergeordnetes Leitbild entwickeln. Dann entscheiden Sie, welche Art von Mitarbeiter das Team ergänzen und komplettieren kann. Und das nicht nur auf der fachlichen Ebene, sondern eben auch durch die Persönlichkeit.
Diesen Mitarbeitern bereiten Sie dann einen strukturierten Empfang in ihrem Unternehmen. Hier sollte vom Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bis zum Ende der Probezeit eine regelmäßige Kommunikation stattfinden. Von der Begrüßung über das Vertrautmachen mit den Unternehmenswerten bis zur eigentlichen Einarbeitung am Arbeitsplatz ist die Integration des neuen Mitarbeiters Chefsache. Hier legen Sie den Grundstein für eine dauerhafte Mitarbeiterbindung.
Und dann geht es ja erst richtig los, denn nun coachen Sie ihren neuen Mitarbeiter und helfen zu lernen, ohne zu belehren. Sie stellen Fragen und hören aktiv zu, sind zurückhaltend und verzichten auf vorschnelle eigene Antworten. Lassen Sie dem Mitarbeiter Platz für die eigene Problemlösung und bleiben Sie lösungsorientiert.
MITARBEITER WERDEN BOTSCHAFTER
Durch Ihre Neugier und die regelmäßige Kommunikation zeigen Sie Wertschätzung und geben die Unterstützung zur Selbstentwicklung, die Sie ja auch fördern möchten. Jürgen Klinsmann hat das mal so ausgedrückt: „Jeden Spieler, jeden Tag ein bisschen besser machen.“
Mitarbeiter, die in einem solchen Umfeld wachsen, werden zu Botschaftern für ihr Unternehmen und ziehen dadurch neue Mitarbeiter mit einer ähnlichen Einstellung an. Das nennt man Magnetisches Mitarbeiter Management.
Unabhängig davon müssen natürlich die Rahmenbedingungen auch stimmen, d. h. es müssen angemessene Löhne gezahlt werden, die Arbeitszeit muss verlässlich geplant und rechtzeitig kommuniziert werden, die Fortbildung ist zielführend und es gibt Perspektiven für die eigenen Entwicklung.
Seien Sie mutig und packen Sie es an. Lassen Sie die Vergangenheit hinter sich und machen Sie es wie Albert Einstein: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“
(Foto: Autor)