Convenience-Produkte haben einen schlechten Ruf. Zu Recht? Nein! Doch es gibt Unterschiede.
Das Image von Convenience-Produkten ist lausig. Dabei sind mehr als 90 Prozent aller erhältlichen Lebensmittel vorab behandelt und zählen deshalb zu der Kategorie „Convenience“. Zudem ist die Qualität vieler Produkte in den vergangenen Jahren durch neue Techniken so gut geworden, dass sich Convenience und Kulinarik nicht mehr gegenseitig ausschließen. Stattdessen kann sich der Koch die routinierten Handgriffe sparen, um sich auf seine Kernkompetenzen zu fokussieren. Doch es gibt weitere Vorteile.
Konrad Geiger ist Experte für High Convenience. Er ist Koch und Küchenmeister, konzipierte ein Bio-Gourmet-Restaurant und baute es auf. Einige Jahre später begleitete er als selbstständiger Berater Unternehmen in vielfältigen Bio-Gastronomie und -Hotellerie-Projekten. Daraus entstand die Idee zur Firma Bio-Kontor 7 als Produktionsküche für Bio-High-Convenience, der er fünf Jahre als Geschäftsführer vorstand. Inzwischen ist Konrad Geiger Berater für die Gastronomie und Hotellerie und entwickelt Produkte für Firmen wie Herbaria Kräuterparadies, HPP, Bone Brox, Jarmino, Pichler, Löwenanteil und die Basen Bande.
Herr Geiger, welche Bedeutung messen Sie High Convenience für Gastronomie und Catering bei?
Eine immer größer werdende. Denn sie hat viele positive Eigenschaften: Sie kann Personalmangel kompensieren, Prozesse optimeren und Kalkulationssicherheit bieten. Aber nur, wenn die Qualität stimmt und die Produkte verlässlich sind. Dann kann sie die Arbeit in Profiküchen vereinfachen und letztlich die Basis für weitere Verfeinerungen in der Anwendung durch den Koch sein.
Was rechtfertigt den Einsatz von Convenience in Gastronomie, Catering und Gemeinschaftsverpflegung?
Lassen Sie mich den Begriff High Convenience mal an einem Beispiel definieren. Nehmen wir Gnocchi. Ökologisch angebaute Kartoffeln, Eier von freilaufenden Bio-Hühnern, Steinsalz und Bio-Mehl vom Urgetreide. Die Gnocchi werden in einer IFS-zertifizierten Manufaktur von Hand hergestellt, und zwar nach einem alten, traditionellen Rezept. Sie haben eine verlässliche und gleichbleibend hohe Qualität, einen super Geschmack ein Mindesthaltbarkeitsdatum von 40 Tagen. Sie sind etwas teurer, aber ihren Preis wert. Mal ehrlich: Welcher Betrieb in der Gemeinschaftsverpflegung kann ein paar hundert Kilo am Tag in dieser Qualität herstellen und dabei rentabel arbeiten?
Mal abgesehen von den Produkteigenschaften, welche Vorteile bieten vorgefertigte Produkte Ihrer Meinung nach? Sie sprachen vorhin von vielen positiven Eigenschaften.
Neben der gleichbleibenden Qualität und der Sicherheit in der Kalkulation ist es auch die Aufwandsentlastung für die Küchenmitarbeiter. In der Gemeinschaftsverpflegung können sich diese zum Beispiel im Front Cooking um die Gäste kümmern und so einen direkten Kontakt zu ihnen herstellen, was der Gästebindung dient.
Wie sollte der Einsatz von High Convenience in Catering, Gastronomie und GV gestaltet sein?
Sie sollte nicht grundsätzlich und ausschließlich eingesetzt werden. Die Betriebe sollen sich auf ihre USP´s konzentrieren und dies sehr gut umsetzen. Jedoch muss nicht alles in Eigenleistung produziert werden, gerade, wenn der Aufwand sehr hoch und unwirtschaftlich ist. Aber wenn zugekauft wird, müssen diese Produkte unbedingt den eigenen Qualitätsansprüchen gerecht werden!
Wie korreliert das Thema HC mit dem Anspruch der Köche an sich selbst, stets frisch und gesund kochen zu können?
Sie meinen das „Tüten aufreißen“… Ja, eher abfällige Begrifflichkeiten sind keine Seltenheit im Sprachgebrauch der Köche, die in Betrieben arbeiten, die ich beraten habe. Nach meinen Recherchen und Gesprächen mit den Mitarbeitern bietet sich aber oft das gleiche Bild: Überstunden, Überforderung, Personalmangel und unzufriedene Gäste durch wechselnde Qualität der Speisen. Wenn aber die Qualitätsansprüche definiert sind und die Köche sich mit der Qualität von High Convenience auseinander gesetzt haben, bleiben dann die Vorteile. Allerdings muss auch jeder Küchenverantwortliche offen dazu stehen.
Was ist bei der Entwicklung von High Convenience-Produkten zu beachten?
Im Endeffekt geht es um drei Themen: Auswahl der Rohstoffe, das Herstellungsverfahren und die Haltbarmachung. Kombiniert man diese drei Themen dem Bestmöglichen an Konsistenz, Farbe, Geschmack und Nährwerten, kann ein Produkt entstehen, das sich durchsetzen wird.
Wie sehen Sie die Zukunft von HC-Produkten? Wo wird der Schwerpunkt liegen?
Ich bin überzeugt, dass die Zukunft von High Convenience im Bereich vegetarisch/vegan liegen wird. Außerdem werden neue Haltbarmachungsmethoden wie z.B. High Pressure Processing (HPP) eine Rolle spielen. Auch Bio-Produkte werden sich stärker durchsetzen. High Convenience hat nichts mit Vollkonserven zu tun, es sind auch keine Produkte mit Haltbarkeitsdaten von zwei Jahren.
Was ist HPP?
Das ist die Kalt-Pasteurisation zur schonenden Inaktivierung von pathogenen Mikroorganismen. Die größten Vorteile dieses natürlichen Prozesses sind die Lebensmittelsicherheit und verlängerte Haltbarkeit der Produkte sowie der Erhalt der Nährwerte wie Vitamine und Mineralien. Eine mit dem HPP-Verfahren frisch hergestellte Guacamole hat ein MHD von 60 Tagen. Und wenn nach 60 Tagen die Verpackung geöffnet wird, sieht man das grüne Korianderblatt darin, das genau noch so schmeckt, als wäre die Guacamole gerade eben erst hergestellt worden. Das ist High Convenience der Zukunft.
Fotos: Shutterstock, Geiger