Die Anreise zu der Firma Friesenkrone im schleswig-holsteinischen Marne ist an sich schon fast Erholung pur: Mit der Fähre geht es über die Elbe und dann durch die idyllische Landschaft von Dithmarschen. Ebbe und Flut sind die Taktgeber – und der Fischfang hat hier sein Zuhause.
Auf der Wiese neben der Friesenkrone-Zentrale schlagen Hasen Haken. Und nicht weit entfernt blöken die Schafe auf dem Deich. Ein passenderes, authentischeres Fleckchen Erde ist für den Sitz von Friesenkrone kaum vorstellbar. Allerdings kommt das Unternehmen (Motto: „Aus Liebe zum Fisch“) nicht völlig ohne „Fabrik-Flair“ aus. In der Produktlinie für den Lebensmitteleinzelhandel rasen die Packungen über die Laufbänder. Die Produktion geht in hohem Maße automatisiert über die Bühne beziehungsweise die Bänder. Folglich wird nur wenig Personal benötigt. In diesem Segment will Friesenkrone in der zweiten Jahreshälfte für Aufmerksamkeit sorgen. Geplant sind „Ultrafrisch-Fischgerichte“.
Direkt gegenüber dieser Produktlinie und in derselben Halle gehen die Uhren anders. Da kann Einblick genommen werden in das, was Friesenkrone als „Manufaktur“ bezeichnet. Von Hand füllen gerade acht Mitarbeiterinnen Salate ab. „Theoretisch könnten wir auch hier automatisieren“, räumt Sylvia Ludwig ein; sie ist Bereichsleiterin Profitcenter GV bei Friesenkrone. „Aber das würde zum Beispiel bedeuten, dass die Fischstücke ein normiertes Aussehen, eine Einheitsgröße bekämen. Für das Discount-Geschäft ist das sinnvoll – für Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Catering allerdings nicht.“ Denn Sylvia Ludwig macht keinen Hehl daraus, dass die Produkte von Friesenkrone für GV im höheren Preissegment angesiedelt sind. „Dafür können unsere Kunden zu Recht viel erwarten“, fügt sie hinzu.
Regionalität bei der Herkunft der Ware
An erster Stelle steht dabei die Frische. Das frische Gemüse und die Äpfel werden im Haus geschnitten und weiter verarbeitet. Bei der Herkunft der Ware ist Regionalität der Leitbegriff. „Die Äpfel stammen von Bauern aus Schleswig-Holstein, die Milchprodukte von einer Molkerei aus dem benachbarten Niedersachsen und die Zwiebeln ebenfalls aus Niedersachsen“, wird Sylvia Ludwig konkret. „Diese Frischekomponenten“, fasst sie zusammen, „sorgen für einen Gewinn an Geschmack und sind deshalb unverzichtbar.“
Doch das Allerwichtigste im Hause Friesenkrone ist jenes Produkt, mit dem das 1904 gegründete Unternehmen groß wurde – der Hering. Anfänglich widmete sich Friesenkrone unter der Führung von Firmengründer Heinrich Schwarz sen. ausschließlich dem Krabbenfleisch und packte es in Dosen, und das erstmals überhaupt in Deutschland. Doch diese Zeiten waren vorbei, nachdem Heinrich Schwarz jun. 1925 die Geschäfte übernommen hatte. Der Hering rückte in das Zentrum und blieb dort. Nach und nach wurde die Marke „Friesenkrone“ entwickelt, 1948 die nationale Expansion gewagt.
Auch das Jahr 2018 steht im Zeichen des Sjö, „der frechen Aternative zum Matjes nach Hausfrauenart“ Seit 1997 werden die Geschäfte von Hendrik Schwarz geführt. Der folgte in vierter Generation auf seinen Vater Siegfried. Ihm und seinem rund 210-köpfigen Team liegt das Produkt aus dem klaren Wasser vor den Küsten Norwegens sehr am Herzen. Es wird im Rahmen spezieller Aktionswochen in der Gastronomie und im Zuge der Matjes-Meisterschaften von Friesenkrone beworben; die jüngsten Meisterschaften wurden Anfang Juni ausgerichtet. Sylvia Ludwig erläutert: „Auf diese und andere Weise verdeutlichen wir, wie lecker, gesund und vielseitig in der Zubereitung dieser Fisch ist." Dank eines neuen Verfahrens reife er innerhalb von 24 Stunden und somit frisch nach dem Fang zum Matjes. Das geschehe mit seinen "heringseigenen Enzymen" und ohne Zusatzstoffe. Hauptsächliche Zielgruppe bei der Vermarktung des Sjö sind jüngere Menschen, für die der Hering bisher vielfach einen altbackenenen Beigeschmack hatte.
Bis zu 28 Schritte in Handarbeit
Derartige Vorurteile sollen zum Beispiel mit Hilfe der Fingerfood-Range „Friesisch Tapas“ aus den Angeln gehoben werden, die es seit eineinhalb Jahren gibt. In der Manufaktur zeigt sich bei der exklusiven Betriebsbesichtigung: Bis zu 28 Schritte in Handarbeit sind erforderlich, damit die Gäste am Ende mit kleinen, filigranen Wraps, Spießen oder Würfeln verwöhnt werden,. Und die haben es tatsächlich „in sich“. Sylvia Ludwig betont: „Unsere Friesisch Tapas werden durch diverse Zutaten aus der Region verfeinert.“ Exemplarisch erwähnt sie nussiges Schwarzbrot aus Marne, leichten Schafskäse aus den nördlichen Teilen Frieslands und den Norderneyer Seeluftschinken. Zwölf Artikel umfasst das derzeitige Sortiment der Friesisch Tapas, doch dabei bleibt es nicht: Im Herbst werden sechs weitere Artikel eingeführt.
Dafür, dass sich in der Angebotspalette von Friesenkrone laufend etwas tut, hat Jürgen Dohrn den Hut auf. Der Ernährungswissenschaftler leitet die Abteilung für Forschung und Entwicklung. Dohrn meint: „Eine solche Abteilung in einem mittelständischen Unternehmen unserer Größenordnung – das dürfte ziemlich einzigartig sein.“ Unter Arbeitsmangel leidet das aus fünf Personen bestehende Produktentwicklungs-Team nicht. Für das Optimieren eines bestehenden Produktes veranschlagt Jürgen Dohrn durchschnittlich vier Monate. Auf acht bis 16 Monate beläuft sich der Zyklus für ein Neuprodukt. Bei Tiefkühlprodukten können bis zu 24 Monate ins Land ziehen. Natürlich werden die Produkte nicht ausschließlich in der Abteilung für Forschung und Entwicklung „ausgebrütet“. So manche Anregung kommt auch von Seiten der Caterer und anderer Kunden sowie aus der Friesenkrone-Chefetage. Auch für das Qualitätsmanagement ist Dohrn verantwortlich. Nichts werde dabei dem Zufall überlassen, heißt es. Dohrn zufolge, wird ausnahmslos jeder Bottich geprüft und muss freigegeben werden. Stichprobenartig werden Fische untersucht. Und an jedem Donnerstag werden bei der so genannten großen Hygienekontrolle an einer Reihe von Stellen Abstriche genommen.
Regelmäßige Kontrollbesuche bei den Lieferanten bringen Sicherheit
Die Abläufe und vor allem der Umfang der Hygiene-Kontrollen bei Friesenkrone – sie gehen nach Darstellung von Jürgen Dohrn weit über das hinaus, was der Gesetzgeber vorschreibt. Noch mehr Möglichkeiten für das Labor ergeben sich durch das PCR-Verfahren, das aktuell bei Friesenkrone eingeführt wird: Dann kann DNA vervielfältigt werden mit dem Ziel eines deutlich schnelleren Nachweises von Hefen und Bakterien. Ein Wettbewerbsvorteil in Zeiten, in denen die Verbraucher ständig kritischer werden, mehr hinterfragen und nach Transparenz verlangen. Ins Bild passen da auch die regelmäßigen Kontrollbesuche bei den Lieferanten.wird.“ Dabei spielen die Gütesiegel und Zertifikate eine wichtige Rolle, mit denen Friesenkrone ebenfalls punkten kann: ASC und MSC, IFS 6, Global Gap, koscher LG; Bio und halal können, laut Friesenkrone, jederzeit aktiviert werden.
(Fotos: Friesenkrone)