Wie es mit dem Business-Catering nach Corona weiter geht, erklärt Dr. Stefan Hartmann, Geschäftsführer der Bayernbankett Gastronomie und Vorsitzender des Instituts für Gemeinschaftsgastronomie.
Herr Dr. Hartmann, wie hat sich die Situation im Business-Catering in den letzten Wochen entwickelt?
Das Fundament des Business-Catering ist weiter stark erodiert. Die Betriebsgastronomie ist durch die Pandemie im Kern getroffen. Durch die Umsetzung entsprechender Homeoffice-Strategien haben sich die gewohnten Gastzahlen dramatisch nach unten entwickelt. In Büroeinheiten heißt das bis zu 80 Prozent weniger Gäste, in Produktionsbetrieben je nach Branche bis zur Hälfte. Dies betrifft auch den Bereich Gäste- und Veranstaltungsbewirtungen. Hier findet derzeit faktisch so gut wie gar nichts mehr statt. Nachdem unser Business vom sozialen Miteinander geprägt ist, hängen wir also am Tropf der Inzidenzzahlen. Insofern schauen wir in Anbetracht der aktuellen Pandemieent-
wicklung mit Sorge auf die nächsten Wochen.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation der Business-Caterer?
Die Branche steht vor einem fundamentalen Umbruch! Die Modelle der Vergangenheit funktionieren in der Zukunft nicht mehr. Die Rahmenbedingungen z. B. für die Planbarkeit des Gästeaufkommens werden neu gesetzt. Die Homeoffice-Strategien der Unternehmen werden die Anwesenheit der Mitarbeiter im Betrieb nachhaltig reduzieren. Es wird sich wahrscheinlich eine neue Arbeitskultur entwickeln, in der die Anwesenheit im Betrieb nur eine Möglichkeit ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ich kann mir vorstellen, dass der Betrieb in Zukunft weniger fester Arbeitsort, sondern vielmehr eine soziale Kontaktfläche sein wird. Ich würde mal schätzen, dass in der Nach-Corona-Zeit nur noch die Hälfte der Mitarbeiter regelmäßig im Betrieb sein wird (hängt natürlich von den einzelnen Branchen ab). Das heißt für uns, dass sich unsere Geschäftsgrundlage in Bezug auf Mittagessen und Zwischenverpflegung sowie Gästebewirtungen im Vergleich zur Vergangenheit, praktisch mindestens halbiert.
Diese neue Arbeitskultur – wie kann die aussehen?
Durch die neuen Homeoffice-Modelle findet der Betrieb künftig verstärkt auch zu Hause statt. Was das bedeutet, erleben viele Homeoffice-Arbeiter seit Monaten. Die komfortable Situation einer Betriebsgastronomie, in die man mittags gehen kann und wo man eine große Auswahl an verschiedenen Gerichten hat, fehlt. Essensbeschaffung und Zubereitung kostet Zeit (und Geld). Hier könnte ein möglicher Ansatzpunkt für unsere Branche sein. Vielleicht müssen wir den Begriff Betriebsgastronomie auch in diese Richtung denken und den Homeoffice-Arbeitern Produkte anbieten, die sie zu Hause einfach und schnell einsetzen können. Einige Kollegen bieten bereits solche Produkte zum Mitnehmen an. Damit kann es vielleicht gelingen, einen Teil der Umsatzrückgänge im Betrieb zu kompensieren. Hier würde ich eine Chance für unsere Branche sehen.
Welche Rolle spielt hier das Thema Digitalisierung?
Produktionsplanung (Thema Kalkulation, Steuerung der Geräte, Hygiene, Qualitätssicherung), Einkauf (Thema Warenwirtschaft) und Verkauf (Thema Kassen) sind bereits ohne digitalisierte Prozesse nicht mehr denkbar. Auch die Kundenansprache hat sich zunehmend digitalisiert. Verschiedene Kollegen sind hier bereits auf dem Weg und haben entsprechende Angebote etabliert. Ich denke, dass bzgl. des Kundenmanagements die Digitalisierung zunehmend zur Schlüsselkompetenz werden wird. Nur wenn wir unsere potenziellen Kunden (auch digital) erreichen, werden wir sicht- und wahrnehmbar. Gäste wollen und müssen ständig informiert werden, insbesondere in Zeiten, in denen sie nicht mehr permanent im Betrieb sind.
Was raten Sie?
Durch die reduzierte Auslastung unserer Einheiten, die auch in Zukunft Bestand haben wird, müssen neue Konzepte entwickelt werden, die variabel und zudem gut skalierbar sind, denn das Gästeaufkommen wird sich reduzieren und zudem noch auf den ganzen Tag verteilen. Umsatzrisiken können nur noch sehr schwer eingeschätzt und kalkuliert werden, sodass der klassische Risikovertrag für das Catering meines Erachtens Vergangenheit ist. Wer Business-Catering haben will, muss sich gut überlegen, in welchem Kontext, mit welchem Anforderungsprofil und mit welchem Partner dies umgesetzt werden kann. Hier könnte z. B.
die Open-book-Abrechnung eine Möglichkeit sein, die für alle Beteiligten funktionieren kann. Das Thema „To-go“ würde ich als Chance sehen, die bestehenden Infrastrukturen im Sinne der Betriebe und der Mitarbeiter zu nutzen und damit für alle Beteiligten Vorteile zu generieren. Hier sind wir gerade am Anfang der Lernstrecke. Die Zukunft wird herausfordernd und bleibt spannend!