Caterer des Jahres – Das Symposium: zur ersten Ausgabe dieses virtuellen Formates von Cooking + Catering inside fanden nicht nur Caterer zu einem virtuellen Austausch zusammen.
Bei der ersten Veranstaltung dieser Art ging es darum, sich über die vergangenen Monate auszutauschen, zu reflektieren, wo man derzeit steht und wie die Erwartungen an die nächsten Monate sind. Anregungen zu geben. Zentraler Programmpunkt war eine Podiumsdiskussion mit Jean Georges Ploner (FB Heroes), Katja Borghaus (Aramark), Max Jensen (Berlin Cuisine), Floris Vlasmann (Floris Catering), Jutta Kirberg (Kirberg Catering), Markus Wessel (Gastro-Podcaster, Küchenherde) und Alexander Schad (Aveato), moderiert von Carsten Hennig (Holedo). Einige Staements.
Max Jensen – woraus schöpft er Mut und Optimismus für die kommenden Monate?
„Wenn ich den Blick jetzt auf die kommende Wintersaison richte, da brauche ich nicht viel Mut. Mein Blick geht weiter. Ich vergleiche das gern mit einem Angelteich. In dem schwimmen derzeit nicht gerade viele Fische. Auch wenn man jetzt noch eine zweite, dritte oder vierte Angel auslegt – dadurch werden es nicht mehr Fische. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es wieder Live-Events geben wird. Ich glaube an das Geschäftsmodell Catering, wenn auch nicht in den nächsten vier Monaten.“
Können denn Corona-Schnelltests das Geschäft des Live-Events beschleunigen?
„Ja. Letztlich haben wir jedoch die Hygieneverordnungen der Länder. Und so lange in diesen nicht steht, dass man mit Schnelltests wieder mehr Leute zusammen bringen darf, bringen diese aktuell auch nicht viel. Aber grundsätzlich bin ich hier sehr positiv. Ich glaube daran, dass es auf dem Weg zurück zur Normalität, zu Live-Events, helfen wird.“
Floris Vlasman ist der Überzeugung, die Branche müsse sich konsolidieren.
„Konsolidieren – das haben wir in den vergangenen Monaten wahrscheinlich fast alle getan. Es geht darum, das Gute in der Krise zu sehen. Mit Zuversicht vorauszuschauen. Und auch zu sehen: Was hätten wir nicht getan, wäre Corona nicht gekommen? Wir alle haben uns rasend entwickelt in den letzten Monaten. Ich denke, keiner von uns hätte dies getan, gäbe es Corona nicht. Sei es in Sachen Digitalisierung, seien es neue Geschäftsmodelle, sei es der Ausbau des Bereichs Nachhaltigkeit im Unternehmen, oder sei es einfach das Gänsetaxi, das ja inzwischen auch fast jeder Caterer anbietet.
Ich habe oft an meinen Großvater gedacht, einen holländischen Kaufmann, der immer sagte: ,Liebe Branche, macht euch keine Sorgen, auch dieses Jahr gibt es einen 31. Dezember.‘ Natürlich ist das alles sehr misslich. Aber wir sind ja positive Menschen, der eine mehr, der andere noch mehr. Trübsal blasen hilft nicht, man muss nach vorn schauen. Man muss das Negative umdrehen. Kosten rapide senken. Diversifizieren und sich neu aufstellen. Nachfragen, auch neue, bedienen, nach denen der Markt gerade schreit. Ob das die Digitalisierung ist, ob das hybride Veranstaltungsformate sind oder das Thema Nachhaltigkeit ist. Wir haben die Zeit genutzt und sind jetzt Sustainable Partner der Plattform Meeting Berlin. Haben eine Großküche in einer alten Gießerei gebaut. Das sind alles Dinge, die uns zugute kommen, wenn wir wieder zu einer Normalität übergehen können. Ohne Corona hätten wir das in dieser Geschwindigkeit nicht getan.“
Katja Borghaus reflektiert mit Blick auf ihren Bereich Human Ressources die Zeit seit März.
„Ich höre immer wieder, Corona sorgt für eine Entschleunigung. Für die Operative wie auch für einige Stabsstellen im Unternehmen Aramark und insbesondere für uns im Bereich HR war das aber ganz sicher keine Zeit der Entschleunigung. Die Arbeitsbelastung war extrem hoch. Kurzarbeit zu implementieren in einer Firma mit rund 9.000 Festangestellten und 5.000 Aushilfen, unterschiedlichen Geschäftsbereichen und einer dezentralen Struktur war für HR ein riesiger Kraftakt.
Unsere operativen Mitarbeiter wurden konfrontiert mit vielfältigen Anforderungen der Kunden, sich häufig ändernden Rechtsvorschriften und besonderen hygienischen Anforderungen. Erschwerend hinzu kam, dass durch Lockdown oder Teil-Lockdown bzw. auf Kundenwunsch Betriebe von heute auf morgen auf null herunter- und dann sukzessive wieder hochgefahren werden mussten. Das ist hygienisch eine große Herausforderung, ebenso im Warenmanagement. Dank eines hervorragenden Krisenmanagements unter Beteiligung von vielen Stabsstellen und der Geschäftsführung waren wir in der Lage, unsere operativen Mitarbeiter bestens bei allen beschriebenen Herausforderungen zu unterstützen. Dazu gehörte die Entwicklung eines zertifizierten Hygienekonzepts, um das Vertrauen der Gäste zu stärken, die sofortige Aufbereitung und Kommunikation aller Änderungen bei Rechtsvorschriften sowie die professionelle Begleitung bei der Einführung der Kurzarbeit. Trotz allem sind wir hoffnungsfroh und arbeiten an neuen Konzepten für den Bereich Homeoffice und to go. Das wird sicher nicht ausreichen, um die Umsatzverluste zu kompensieren. Aber wir glauben, dass eine Impfung und das Vertrauen, das daraus entsteht, dazu beitragen, dass die Mitarbeiter wieder in die Büros zurückkehren und auch Großveranstaltungen wieder stattfinden können. Denn wenn man die Hygienerichtlinien einhält, ist die Gastronomie nicht die Hauptinfektionsquelle!“
Alexander Schad über Konzepte, Prozesse und Kollegialität.
„Mein Motto ist: ,Das Ende naht.‘ Das Ende dieses planlosen Zustands. Wir bekommen eine medizinische Lösung, das heißt, einen Impfstoff. Der Weg wird in den kommenden Monaten sicherlich noch holprig sein, vielleicht auch kürzer, als man derzeit denkt. Jetzt sind schlaue Konzepte gefragt. Nicht nur für große Räume und große Menschenansammlungen, sondern für schmale Budgets und kleine Personengruppen. Es sind digitale Prozesse gefragt. Und mehr denn je Kooperationsformen. Um es mit Max Jensen zu sagen: Es sind nun mal nur wenige Fische im Teich. Und man muss gemeinsam schauen, dass kein Angler auf der Strecke bleibt. Und ich hoffe, dass wir spätestens im Sommer wieder halbwegs etwas Normalität vorfinden.“
Jean Georges Ploner, der viele gastronomische Konzepte schon selbst gestartet und noch mehr begleitet hat, über die Rückkehr von Normalität im Catering.
„Im Vorhersagen bin ich schlecht. Das haben die Lottozahlen am Wochenende wieder gezeigt. Wir sollten uns auf ein Jahr 2021 gefasst machen, in dem entweder wieder alles oder gar nichts funktioniert. Es müssen einfach beide Szenarien durchgespielt werden. In unserem Unternehmen tun wir das derzeit: Wie schnell können wir von null auf hundert hochfahren? Wie wieder von hundert auf null runter, ohne großen Schaden zu nehmen?
Wir dürfen nicht vergessen, dass das Geld, das vom Staat kommt, kein gutes Geld ist. Das gute Geld ist Umsatz, es kommt vom Kunden. Geld vom Staat bedeutet zwar momentan eine Hilfe, es bedeutet aber auch, dass nach der nächsten Wahl massive Steuern auf uns zukommen.
To go, Delivery, Onlineshop, Gänsetaxi – Geschäftskonzepte zu variieren hat seine Legitimation. Aber es ist kein Businessmodell, wenn man Caterer ist. Es kann eins sein. Im Ausnahmefall. Temporär. Wenn man beispielsweise ein
Restaurant hat mit 60 Sitzplätzen und an einem Wochenende im November 160 Gänse verkauft. Oder wenn ein Restaurant mit 35 Sitzplätzen am Wochenende 107 Menüs to go verkauft. Das ist super, weil es mehr ist, als der Gastronom ohne dieses Geschäft umgesetzt hätte. Aber es ist kein Businessmodell. Unser Businessmodell im Catering ist der Spaß an der Freude der Gäste! Davon leben wir!“
Alexander Schad über die Digitalisierung im Catering für die Zeit nach Corona.
„Wir bei Aveato sehen die Digitalisierung als Helfer bei vielen Prozessen, sodass der Caterer sich mehr auf Gast und Küche konzentrieren kann. Oder auch dafür, dass er nach Corona beispielsweise von dem Lieferboom profitieren kann. Die Lebensmittelbranche leidet kaum unter Corona. Das Tragische ist, dass wir als Teil davon quasi aus 5 m Entfernung dem Lieferboom aus Restaurants und Ghostkitchens zusehen müssen. Und da kann Digitalisierung helfen, beispielsweise, dass die Angebotserstellung digital läuft, die Auftragsaufnahmen usw. Durch schlechte Organisation allein im Bereich Personal und Warenmanagement gehen uns Gastronomen Unsummen verloren. Wenn man diese Wertschöpfungsketten automatisieren kann, kann man hier sogar Überrenditen erzielen. Da lohnt ein Blick auf die Systemgastronomie. Unser Produkt Aveato Plug & Play kann anderen Caterern helfen, sich digitaler aufzustellen. Bei uns werden bereits 70 Prozent aller Caterings online verkauft. Und auch der Kunde möchte online agieren, er erwartet das. Wir bei Aveato haben schon von jeher immer auch programmiert und uns um Innovationen jenseits des Herdes gekümmert, einfach deshalb, weil der Markt für uns passende Softwarelösungen nicht hergab. Das ist eine Chance für andere Branchenteilnehmer.“
Jutta Kirberg über die derzeitige Situation im Unternehmen.
„Bis zum Jahresende sind seit März bis zu 80 Prozent der Mitarbeiter in Kurzarbeit und das Unternehmen verzeichnet 90 Prozent Umsatzverlust. Ähnlich betroffen sind nicht nur andere Caterer, sondern die gesamte Veranstaltungsbranche.
Nach dem Motto „gegessen wird immer“ und mit dem Wissen, dass wir flexibel auf Herausforderungen reagieren können, sind wir zunächst noch relativ gelassen mit dem ersten Shutdown umgegangen.
Aber inzwischen ist die Situation extrem herausfordernd. Die To-dos von morgens sind abends schon nicht mehr aktuell. Wir haben uns – wie viele andere auch – für die Vorweihnachtszeit viele Gedanken gemacht, beispielsweise für den Wechsel von Indoor-Events auf Outdoor-Events und auf kleinere zulässige Veranstaltungen. Und dann, als alles geplant und vorbereitet war, heißt es: „Ihr könnt schließen.“ Das kann man bei allem Verständnis für die Notwendigkeit von Maßnahmen teils nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. Wir fragen uns, auf welcher Basis wir unternehmerisch handeln und per-
spektivisch denken können. Letztlich sind alle Versuche, sich auf die Situation einzustellen und neu auszurichten, aus meiner Sicht nur Versuche, am Markt präsent zu bleiben. Und dafür gut, ein bisschen das Glücksgefühl der Arbeit zu erleben. Und ich nehme meine unternehmerische Verantwortung ernst. Da den Kopf in den Sand zu stecken, das geht nicht.“
Markus Wessel sieht und vor allem hört er viel in der Branche. Was macht hierbei Mut?
„Man merkt, dass niemand alleine dasteht. Dass keiner eine Insel ist. Dass, wenn man die Köpfe zusammensteckt, auch viel dabei rumkommen kann, tolle Ideen zustande kommen. Ich nehme aus den Gesprächen, die ich führe, oft mit, dass viel Hoffnung, viel Widerstandsfähigkeit da ist. Nach dem Motto: ,Wir richten unsere Segel neu aus, denn der Wind hat sich geändert.‘ Und das begeistert mich. Wir müssen die Situation nun mal so nehmen, wie sie ist, sie lässt sich nicht ändern. Das sagen wir uns und anderen ständig. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Wie unsere Einstellung dazu ist. Nur aus positiven Gedanken kann Innovation resultieren. Das größte Instrument, das wir derzeit haben, ist die Verbindung zu unseren Gästen, zu unseren Mitarbeitern, zu Kollegen. Wir können jetzt eine starke Verbindung zu diesen Menschen aufbauen. Und die sollten wir nutzen, denn wir profitieren nach Corona davon. Das ist nachhaltig.“